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Fahnenweihe TV 1860 Erlangen

TRADITION VERBINDET

Das Scheitern der Revolution von 1848/1850 hat zum Verbot der meisten der ca. 300 Turnvereine im Deutschen Bund geführt. So wird auch der im Jahr 1848 gegründete Turnverein Erlangen bereits 1850 verboten (s. Festschrift „150 Jahre TV 1848 Erlangen“, S. 20 bis 27). Der durch die Revolution an die Macht gekommene König Max II. (Vater Ludwig I. gestürzt durch die Lola- Montez-Affäre) leitete eine Liberalisierung in Bayern ein. So konnte der Erlanger Verein, freilich unter Verzicht von „Einheit, Freiheit, Brudersinn“ in seiner Satzung, zehn Jahre nach seinem Verbot als TV 1860 Erlangen neu gegründet werden. Unter diesen Namen firmierte der Verein bis 1921. Als der Turnverein in der Weimarer Republik nach seiner internen Diskussion bei der Stadt den gut begründeten Antrag (Turnen auch von 1850 bis 1860, synchrone Steigerarbeit bei der Feuerwehr) stellte, fortan den Namen „Turnverein 1848 Erlangen“ zu führen, wurde dem stattgegeben.

Das Fest der Fahnenweihe im Rahmen eines Weißwurstfrühstücks vor der Jahnhalle

Der Tradition folgend, hatte der TV 1848 zu einer Feier seiner erneuerten Fahne von 1860 sein Mitglied, den Innen- und Sportminister Joachim Herrmann, den Sportbürgermeister Jörg Volleth, viele Erlanger Sportvereine sowie Hilfs- und Rettungsorganisationen mit deren Fahnen eingeladen. So konnten neben den beiden Bannern des Veranstalters auch die Fahnen des ATSV, der Königl. Privil. HSG, der Feuerwehren der Stadt, von Häusling-Kosbach und Alterlangen sowie des THW in einem religiösen Zeremoniell geweiht werden. Der Einladung waren auch viele Vereinsvertreter, TV-Sponsoren und -Funktionäre gefolgt.

Die Weihe aller Fahnen mit Weihwasser vollzog der Gemeindereferent von Herz Jesu, Martin Ogiermann, während die Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Ester Limburg-Klaus, der Vorsitzende der Islamischen Religionsgemeinschaft Abdelilah El Badi und die Pfarrerin der Evangelisch-lutherischen Johanneskirche Ulla Knauer ihre Botschaften zur Würdigung und Bedeutung des Sports für die menschliche Gemeinschaft in ihren Ansprachen vortrugen. Alle vier Geistlichen waren der Einladung des TV 1848 sehr gerne und ernsthaft gefolgt. Dementsprechend überzeugend und auf biblischen Grundlagen beruhend, konnten sie die Werte des Sports für das Individuum, aber auch für die Zusammengehörigkeit der Völker prägnant benennen.“ Die Grußworte von Joachim Herrmann und Jörg Volleth hoben die Bedeutung des Sports für die Erlanger Bevölkerung, seinen internationalen Charakter sowie seine historische Dimension hervor. Beide würdigten die ehrenamtlichen Leistungen in den Vereinen als auch den Charakter der Veranstaltung. Gerade in unserer Zeit leisten die Sportvereine einen großen Beitrag für das Miteinander in der Gesellschaft, betonte der Minister.

„Erlangen offen aus Tradition“

In unserer Stadt wohnen Menschen aus 145 Nationen. Insgesamt leben in Erlangen 30.000 Ausländer und 90.000 Inländer (jeweils gerundet) als ein Volk. Jedenfalls wollen wir weiterhin ein friedliches, vielfältiges und fruchtbares Miteinander pflegen. Unsere Hugenottenstadt soll auch künftig eine unmissverständliche Haltung gegen jeglichen Hass, Antisemitismus, gegen Spaltung der Gesellschaft durch extremistische Verführung einnehmen. Die Grund- und Menschenrechte unserer Verfassung bleiben bei uns unumstößlich.

Die drei Weltreligionen, aus der gleichen Wurzel stammend, haben durch ihre Sprecherinnen und Sprecher eine klare Botschaft an den Sport gerichtet. Die Fahnen in Sport und Rettungsdiensten dienen als Symbole für Gemeinschaft und Zugehörigkeit, gemeinsame Werte und gegenseitige Loyalität. Besonders sicht- und erkennbar, im Vordergrund herausgehoben waren sie bei der Fahnenweihe am 14. Juli 2024 vor der Jahnturnhalle.


Abdelilah El Badi

Vorsitzender der Islamischen Religionsgemeinschaft

Sehr geehrter Herr Innenminister, sehr geehrter Herr Zweiter Oberbürgermeister, sehr geehrter Herr Beck, sehr geehrte Damen und Herren,

Die menschliche Gesundheit ist in allen Religionen von Bedeutung. Auch im Islam wird diesem Aspekt eine wichtige Rolle beigemessen. Gläubige sollten nicht nur auf ihre spirituelle und emotionale, sondern auch auf ihre körperliche Gesundheit achten. Der Mensch besitzt also eine Verantwortung für seinen Körper und seine Gesundheit, denn diese wurden ihm von Gott anvertraut. Dazu gibt es verschiedene Mittel, wie gesunde Ernährung und körperliche Bewegung.

Sport dient nicht nur der Gesundheit, sondern er vermittelt auch wichtige soziale Kompetenzen und fördert die Gemeinschaft und das gegenseitige Kennenlernen. Gerade in diesen Zeiten sind Vereine wichtige Orte, an denen die Menschen nicht nur Spiel und Spaß erleben, sondern auch Respekt und Achtung gegenüber Gegnern erlernen und üben. Die Fahne ist hier ein Symbol der Zusammengehörigkeit und Solidarität.

Wir erbitten Gottes Segen und Schutz für diesen Verein und seine Mitglieder. Wir bitten Gott, dass die Menschen bei den Aktivitäten im Verein Freude und Gemeinschaft erleben. Mögen sich alle auch im sportlichen Wettkampf mit Achtung und Respekt begegnen. Möge Gott Schaden und Unheil abwenden und den Menschen Freude und Gesundheit schenken.


Pfarrerin Ulla Knauer

Evang.-lutherische Johannesgemeinde Alterlangen

Biblische Grundlage: Aus dem ersten Brief an die Korinther im 12. Kapitel:

Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele. 15 Wenn nun der Fuß spräche: Ich bin keine Hand, darum gehöre ich nicht zum Leib!, gehört er deshalb etwa nicht zum Leib? 16 Und wenn das Ohr spräche: Ich bin kein Auge, darum gehöre ich nicht zum Leib!, gehört es deshalb etwa nicht zum Leib? … 21 Das Auge kann nicht sagen zu der Hand: Ich brauche dich nicht; oder wiederum das Haupt zu den Füßen: Ich brauche euch nicht.

Aber Gott hat den Leib zusammengefügt … 25 auf dass im Leib keine Spaltung sei, sondern die Glieder einträchtig füreinander sorgen. 26 Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.

Lieber Vorstand des TV 48, verehrte Festgemeinschaft! Herzlichen Dank für die Einladung zur Fahnenweihe. Mein Name ist Ulla Knauer, Pfarrerin in Alterlangen. Ja, und auch ich bzw. wir als Familie sind dem TV verbunden. Hier haben meine Kinder Schwimmen gelernt. Hier haben sie beim Kinderturnen mitgemacht, probieren sich aus und haben Spaß. Ich bin froh, dass es den Sport gibt und die Flächen in Erlangen, auf denen sich Menschen mit verschiedensten Hintergründen treffen und begegnen können. Dass es möglich ist, sich in Fairness zu üben und im sportlichen Wettkampf. Im Blick auf die Heilige Schrift bin ich auf Worte von Paulus an die Christen in der Stadt Korinth gestoßen. Er hat nach einem Bild, einem Symbol für die junge Gemeinschaft gesucht. So wie die Fahne ein Symbol hier für die Gemeinschaft des Sports ist. Paulus beschreibt die Gemeinde als Körper mit seinen Körperteilen. Kein Körperteil kann nur allein existieren. Zum Leben braucht es das Auge und das Ohr, die Beine und die Arme. Und so weiter. Nur zusammen sind die Körperteile füreinander stark. Ist es im Sport nicht ähnlich? Der Torwart kann nicht allein das Spiel bestimmen. Er braucht den Stürmer und den Verteidiger genauso. Dazu den Schiedsrichter und einen guten Trainer. So wie für Paulus dieses Bild ein hilfreiches Symbol war, so wünsche ich dem Verein, dass diese Fahne ein starkes Symbol bleibt und Erinnerung, für den Wert des Sports und für die Menschen, die hier zusammenkommen.

Möge Gott diesen Ort segnen und die Menschen, die hierher kommen.

Möge Gott, der uns alle kennt und sieht, dem Verein und der Gemeinschaft Zukunft schenken, mit Freude und Geduld. Möge Gott die Kinder, Eltern, Mitarbeiter und Trainer segnen, die hier zusammenkommen!


Ester Limburg-Klaus

Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde

Sehr geehrter Herr Staatsminister Herrmann,

sehr geehrter Herr Bürgermeister Volleth,

sehr geehrter Herr Beck vom TV 1848 Erlangen,

sehr geehrte Vereine und Anwesende,

in dieser feierlichen Stunde, in der die neue Fahne ihres Sportvereins und Fahnen anderer Vereine geweiht werden, möchte ich Grüße und den Segen von der Jüdischen Gemeinde Erlangen aussprechen, für eine Zukunft voller Stärke und Gemeinschaft. Mögen diese Fahnen stets Zeugnis davon ablegen, dass sie in Einigkeit und Freundschaft gemeinsam Höchstleistungen erreichen können.

In der Bibel wird schon von einem Wettkampf gesprochen, als Jakob mit einem Mann, einem Engelwesen, eine ganze Nacht lang ringt. Dieser Wettkampf geht unentschieden aus und Jakob bekommt seinen erbetenen Segen von Gott. So möge auch ihr Verein in sportlichem Wettkampf und im alltäglichen Leben mit Stärke und Fairness handeln und triumphieren. Nichts ist besser für den Menschen als körperliche Betätigung und Bewegung.

Moses Maimonides, ein bekannter Philosoph, Gelehrter, Rabbiner und Arzt aus dem 12. Jahrhundert, lehrte schon die Wichtigkeit, den Körper durch Bewegung gesund zu erhalten.

Er ist das Gefäß der Seele und die gehört dem Ewigen. Darum mögen sie mit Kraft und Freude gemeinsam diesen Weg gehen. Sport verbindet unabhängig von Religion, Herkunft oder Hautfarbe. Er stellt allen die gleichen Herausforderungen. Damit hat er die Fähigkeit, allen Beteiligten die gleiche Zielsetzung zu verschaffen.

Möge der Sport nicht als Plattform für die unterschiedlichsten politischen Ziele missbraucht werden. Gelingt das, können die ethischen Werte des Sports beibehalten werden. Mögen die Fahnen stets ein Symbol der Stärke, des Zusammenhalts und des sportlichen Geistes sein.

In diesem Sinne wünsche ich allen viel Freude und Erfolg auf ihrem Weg.


Martin Ogiermann

Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde

Gemeindereferent im Katholischen Seelsorgebereich Erlangen

Liebe Sport-Begeisterte vom TV und von befreundeten Vereinen, geehrte Fahnenabordnungen,

jüngst ist die Heim-Europameisterschaft zu Ende gegangen: Sie war ein großes Sportfest hier in Deutschland! Ein Spieler hatte seine ganz besonderen Auftritte: Christiano Ronaldo. Ich kann mich an eine Pressekonferenz erinnern, bei der er ein koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk eines Groß-Sponsors zur Seite und eine Flasche Wasser vor sich stellte. Dies tat er wohl, um zu verdeutlichen, was es braucht (oder eben nicht braucht), um gut und erfolgreich Sport betreiben zu können. Ich bin mir nicht sicher, was Christiano Ronaldo sagen würde, wenn er hier bei uns wäre und Weißwürste mit Brezn (und eventuell auch einem erfrischenden Kaltgetränk ohne Koffein), aber ich kann Ihnen heute die Worte des Apostels Paulus mitgeben, der an die Gemeinde in Korinth geschrieben hat: „Wisst ihr nicht, dass die Läufer im Stadion zwar alle laufen, aber dass nur einer den Siegespreis gewinnt? Lauft so, dass ihr ihn gewinnt! Jeder Wettkämpfer lebt aber völlig enthaltsam; jene tun dies, um einen vergänglichen, wir aber, um einen unvergänglichen Siegeskranz zu gewinnen. Darum laufe ich wie einer, der nicht ziellos läuft, und kämpfe mit der Faust wie einer, der nicht in die Luft schlägt; vielmehr züchtige und unterwerfe ich meinen Leib, damit ich nicht anderen verkünde und selbst verworfen werde.“ (1 Kor 9,24-27)

So beten wir: „Herr und Gott, alles, was du geschaffen hast, ist gut. Auch der Leib es Menschen, den du so wunderbar gemacht hast. Wir danken dir für die Freude, die uns Spiel und Sport gewähren. Wir danken dir für die Kameradschaft, die wir dabei erleben. Wir danken dir für die Kraft, die wir daraus schöpfen. Segne diese Fahne und erfülle alle, die sich unter ihr zum Sport versammeln, mit gegenseitiger Achtung und Hilfsbereitschaft. Bewahre sie vor Übertreibung und körperlichen Schäden. Schenke ihnen Gesundheit und Freude am Leben. Und schenke ihnen Begeisterung, auch nach dem Siegeskranz des ewigen Lebens zu streben. Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn. Amen.“

Fritz Löhr als traditionsbewusster TVler brachte im Ehrenrat und bei der Vorstandschaft die Idee zur Fahnenweihe ein. Er übernahm als Organisator die Verantwortung für die Veranstaltung. Darüber hinaus sorgte Löhr mit der Teilnahme der Feuerwehren von Alterlangen, Büchenbach-Kosbach und der Stadt Erlangen, der Königlich Privilegierten Schützengesellschaft, den Brucker Gashenkern und besonders dem musizierenden Stadtspielmannszug der Spielvereinigung für den festlichen Rahmen der Veranstaltung. Dass Fritz Löhr als erfahrener Organisator auch für das „leibliche Wohl“ sorgte und mit Teilen der Familie weitgehend die Bewirtung übernommen hat, sei hier dankbar am Rande erwähnt.