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High Times, high Performance?

Interview: Auswirkungen des Cannabiskonsums im Sport.

Trotz Teillegalisierung bleibt Cannabiskonsum auf Sportstätten und in deren Sichtweite weiterhin verboten. Im Freistaat Bayern drohen empfindliche Geldbußen.
Dr. Guido Lehnert ist Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie, Schlafmedizin und Sportmedizin in der Lungenpraxis Erlangen.

Seit dem 1. April ist Cannabis in Deutschland teilweise für Erwachsene legal. Abseits der politischen Diskussionen blicken wir gemeinsam mit Sportmediziner Dr. Guido Lehnert auf die Auswirkungen des Cannabiskonsums im Sport.

Herr Dr. Lehnert, Sie sind Facharzt für Sportmedizin. Wie haben Sie die Legalisierung von Cannabis in Deutschland erlebt?

Die Legalisierung von Cannabis hat zu umfangreichen Diskussionen sowohl in der Fachpresse als auch in den allgemeinen Medien geführt. Insbesondere wurde dies vom Bundesministerium für Gesundheit als Meilenstein bezeichnet. Die Diskussionen konzentrierten sich hauptsächlich auf den Umgang mit Cannabis, während die gesundheitlichen Aspekte eher vernachlässigt wurden. Die Legalisierung war vorrangig darauf ausgerichtet, die Konsumenten zu entkriminalisieren. Dies ist sicherlich wichtig, steht jedoch nicht im Zusammenhang mit den gesundheitlichen Folgen.

Welche Rolle spielt Cannabis als Substanz im Sport? Wird es häufig von Athletinnen und Athleten konsumiert oder eher gemieden?

Vorab: Tetrahydrocannabinol (THC), das in Cannabis enthalten ist, ist eine psychoaktive Substanz, die die Reaktions-, Konzentrations- und Wahrnehmungsfähigkeit erheblich beeinträchtigen kann. Cannabiskonsum erhöht das Risiko für Psychosen, insbesondere bei jüngeren Menschen.

Cannabis hat verschiedene Effekte auf den Körper und das Gehirn. Können Sie uns ein paar Beispiele nennen, wie Cannabis die sportliche Leistungsfähigkeit beeinflussen kann?

Für Cannabis gibt es keinen nachgewiesenen Zusammenhang für eine direkte Leistungssteigerung. Stattdessen beeinträchtigt Cannabis viele Prozesse negativ, die für Höchstleistungen erforderlich sind: Es führt zu Schwindel, Benommenheit, verlangsamt die Reaktionszeit und verschlechtert die Koordination. Gleichzeitig entspannt es die Muskeln, wirkt in geringer Dosierung angstlösend und reduziert das Schmerzempfinden. Diese Eigenschaften könnten von einigen Sporttreibenden als positiv angesehen werden, weshalb Cannabis insbesondere im Umfeld von Risikosportarten häufiger konsumiert wird.

Wie sieht es mit den langfristigen Folgen des Cannabiskonsums aus? Kann Cannabis zu chronischen Schäden oder Abhängigkeit führen?

Der inhalative Cannabiskonsum kann zu chronischem Husten, Auswurf und Luftnot führen. Zusätzlich treten häufigere Atemwegsinfekte auf. Die Atemwege bei Cannabis-Rauchern zeigen ähnliche Schäden wie beim Tabakkonsum. Allerdings lassen sich die Effekte auf die Lunge bei regelmäßiger Cannabisinhalation schwieriger feststellen als die Auswirkungen des Tabakkonsums, da viele Konsumentinnen und Konsumenten sowohl Cannabis als auch Zigaretten rauchen.

Darüber hinaus können akute psychische Effekte auftreten, einschließlich Müdigkeit, Schwindel und Konzentrationsstörungen sowie ernsthaftere neurologische und psychiatrische Störungen wie Gedächtnisstörungen, Verwirrtheit, Depressionen und Wahnvorstellungen.

Der inhalative Cannabiskonsum ist wahrscheinlich mit einem erhöhten Risiko für Herzgefäßerkrankungen verbunden. Nach dem Konsum kommt es zur erhöhten Puls- und Blutdrucksteigerung mit verengten Herzkranzgefäßen und der Gefahr von Herzinfarkten.

Cannabis wird typischerweise tiefer und länger inhaliert als Zigarettenrauch. Obwohl bisher kein Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und einem erhöhten Risiko für Lungenkrebs nachgewiesen wurde, ist bekannt, dass inhalierte Partikel wie beispielsweise Feinstaub das Auftreten von Lungenkrebs begünstigen.

Wie wird Cannabis im Sportrecht behandelt? Ist es erlaubt, unter dem Einfluss von Cannabis an Wettkämpfen teilzunehmen oder wird es als Doping angesehen?

Die Einnahme von Cannabinoiden im sportlichen Wettkampf ist gemäß den Vorgaben der Nationalen Anti-Doping-Agentur Deutschland (NADA) verboten. Der Nachweis von Cannabinoiden bei Wettkampfkontrollen stellt einen Verstoß gegen die Anti‑Doping‑Bestimmungen dar. Aufgrund der langen Nachweisbarkeit von THC wird Leistungssportlern dringend geraten, auf den Konsum von Cannabis zu verzichten.

Welche Alternativen gibt es zu Cannabis, wenn Sportlerinnen und Sportler nach Entspannung, Schmerzlinderung oder psychologischer Unterstützung suchen?

Eine medikamentöse Schmerztherapie sollte grundsätzlich nur nach Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt erfolgen. Ansonsten sind entsprechende Übungsbehandlungen eine wertvolle Ergänzung.

Was möchten Sie unseren Mitgliedern abschließend über Cannabis und dessen Gebrauch sagen?

Trotz aller Diskussionen ist Cannabis weiterhin als Droge zu betrachten, die Risiken für die Gesundheit birgt. Sowohl schwer akute als auch chronische gesundheitliche Probleme können auftreten. Im Sport ist der Cannabiskonsum im Allgemeinen eher hinderlich und im Leistungssport sogar verboten.

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